Mittwoch, 10. April 2013

Lange Zeit galt Konsum als Anti-Kultur. All you need is less war das Motto. Konsum war unreflektiert, verschwenderisch und kapitalistisch.
Daran hat sich etwas geändert. Konsum ist heute fester Bestandteil von Kultur und hat in Verbindung mit Bewusstsein, Qualität und Nachhaltigkeit eine durchaus positive Bedeutung. Auch die Definition von Konsum hat sich verändert. Konsumiert werden heutzutage nicht nur primäre Güter wie Nahrung oder Kleidung, sondern auch kulturelle Ereignisse, Ausstellungen, Musik und sogar Werte.
Ein wenig scheinheilig ist dieses Prinzip schon: Markenklamotten, die nachweislich von Kindern in Entwicklungsländern hergestellt werden, mit Second-Hand und Bio-Mode zu kombinieren oder Fair Trade Kaffee mit Milch aus Massentierhaltung zu mischen und dabei von bewusstem Konsum zu sprechen, grenzt an Zynismus. Andererseits: Anfangen ist besser als nicht anfangen.
Der moderne Konsument ist sich seiner Verantwortung bewusst, aber er ist sich auch der Tatsache bewusst, dass es das hundertprozentig faire und nachhaltige Produkt nicht gibt und niemals geben kann. Er nimmt diesen Zwiespalt in Kauf und entscheidet sich, anders als der Punk der achtziger und neunziger Jahre, nicht für den angeblichen Verzicht, der tatsächlich keiner sein kann, sondern für die am besten mit seinem Gewissen zu vereinbarende Lösung. Da er nicht auf die ihm vertraute Ästhetik verzichten will, kann er nicht all seinen moralischen Ansprüchen gerecht werden.
Auch in Bezug auf Kultur ist sein Konsumverhalten zwiespaltig: Er will nur das Beste, aber kostenlos. Events, die sich über Sponsoring finanzieren, misfallen ihm, aber selbst will er die Kosten auch nicht tragen. Seine Vorstellungen von Ökonomie sind verschoben, er zahlt den zwanzigfachen Warenwert für Markenartikel, vor allem Mode und Technik, beschwert sich aber über die hohen Preise in der Gastronomie.
Der Konsum von Unterhaltung wie Filmen, Konzerten, Partys und Ausstellungen ist dabei zu einem Zwang geworden. Cool ist nur, wer ständig auf Achse ist, nicht online zu sein und die Neuigkeiten der Umwelt nicht mitzubekommen, wird mit Unverständnis begegnet.
Trotz Zwang und Zweischneidigkeit kann der moderne Konsument sich mit seinem Bewusstsein für Nachhaltigkeit brüsten: Im Gegensatz zu den vorhergehenden Generationen hat er verstanden, dass es nicht um die Abschaffung des Konsums gehen kann, sondern nur eine neue Form des Konsums in Frage kommt.



Minzgeschmack - Neues und Interessantes aus dem Kulturbetrieb

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